Alternativen zum Erbschein

Was ist ein Erbschein und welche Funktion hat er?

Eines gleich vorweg: Erbe wird man auch ohne Erbschein, also „automatisch“ mit dem Erbfall. Der Erbschein dient lediglich als Legitimationspapier im Rechtsverkehr, um die Erbenstellung nachzuweisen. Es handelt sich dabei um ein amtliches Dokument, welches das Nachlassgericht auf Antrag des Erben nach eingehender Prüfung ausstellt. Der Erbschein gibt Auskunft darüber, wer Erbe einer verstorbenen Person geworden ist und mit welcher Erbquote. Auch etwaige Verfügungsbeschränkungen der Erben gehen daraus hervor.

Wie erhalte ich einen Erbschein?

Ein Erbschein wird nicht von Amts wegen, sondern nur auf Antrag erteilt. Zuständig ist das Nachlassgericht, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten Wohnsitz hatte. Der Antrag kann beim Nachlassgericht zu Protokoll erklärt werden oder aber bei jedem Notar in Deutschland, unabhängig vom letzten Wohnsitz des Erblassers. Über die Ablehnung oder Stattgabe des Antrags entscheiden Rechtspfleger per Beschluss. Es handelt sich dabei um eine Angelegenheit der freiwilligen Gerichtsbarkeit (§§ 352 ff. FamFG).

Das Erbscheinsverfahren ist jedoch sehr zeit- und kostenaufwendig. Es umfasst die Beantragung des Erbscheins bis zu dessen Ausstellung. Den Erbscheinsantrag können Sie nur stellen, wenn Sie durch die gesetzliche Erbfolge oder eine letztwillige Verfügung als Erbe bestimmt sind. Im Übrigen können nur Nachlassgläubiger, Nachlassverwalter und Testamentsvollstrecker einen solchen Antrag stellen.

Bereits vor der Antragstellung müssen Sie eine Vielzahl an Unterlagen zusammenstellen, von der Sterbeurkunde des Erblassers, über eine letztwillige Verfügung bzw. allen Unterlagen, welche die gesetzliche Erbfolge nachweisen (Geburtsurkunden, Abstammungsurkunden, …) bis hin zu Heiratsurkunden und ggf. Scheidungsurteilen. Zudem ist die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung darüber, dass die getätigten Angaben der Wahrheit entsprechen, erforderlich.

Erst, wenn die Richtigkeit der Angaben vom Nachlassgericht geprüft wurde, kann der Erbschein ausgestellt werden.

Die Bearbeitungsdauer eines Antrags auf Ausstellung eines Erbscheins beträgt im Saarland derzeit zwischen drei und zwölf Monaten. Unter Umständen sind Erben während dieser Zeit handlungsunfähig, sofern sie ihre Erbenstellung nicht anderweitig nachweisen können.

Benötige ich überhaupt einen Erbschein? Welche Alternativen gibt es?

Wenn der Erblasser ein privatschriftliches Testament hinterlassen hat oder die gesetzliche Erbfolge Anwendung finden soll, benötigen Sie einen Erbschein, sobald Sie über Vermögen des Erblassers (Bankguthaben, Grundbesitz) verfügen wollen. Auch zur Eintragung ins Grundbuch benötigen Sie einen Erbschein.

Eine Alternative bietet jedoch ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag. In Verbindung mit dem gerichtlichen Eröffnungsprotokoll erbringt dieses als öffentliche Urkunde ebenfalls den Nachweis Ihrer Erbenstellung.

Auch die Testamentseröffnung ist nach § 348 FamFG Sache des Nachlassgerichts. Das Eröffnungsverfahren eines öffentlichen Testaments, das amtlich verwahrt wird, dauert jedoch nur ca. sechs Wochen. Das Verfahren ist also deutlich kürzer als das Erbscheinsverfahren.

Zudem ist es weniger kostenintensiv:

Für den Erbschein fallen in der Regel zwei volle Gebühren an, einmal für die eidesstattliche Versicherung und einmal für die Ausstellung des Erbscheins selbst, § 40 Abs. 1, KV 23300, KV 12210 GNotKG. Bei einem Nachlasswert von 100.000 Euro sind das beispielsweise 2x 273,00 Euro, also 546,00 Euro insgesamt. Für ein notarielles Testament fällt hingegen nur eine volle Gebühr an. Hinzu kommt eine Festgebühr für die Testamentseröffnung in Höhe von 100,00 Euro, § 3 Abs. 2 GNotKG, KV 12101.

Wenn Sie von der Bank des Erblassers zur Vorlage eines Erbscheins aufgefordert werden, um über Konten zu verfügen, muss sich diese mit der Vorlage eines notariell beglaubigten Testaments oder Erbvertrags nebst Eröffnungsprotokoll zufriedengeben. Dies stellte der BGH bereits in seinem Urteil vom 8. Oktober 2013 klar und bekräftigte dies erneut in seinem Urteil vom 5. April 2016.

Das Gericht führte aus, es stelle eine unangemessene Benachteiligung der Kunden dar, wenn die Bank auch in unproblematischen Fällen die Vorlage eines Erbscheins verlangen könne. Selbstverständlich muss aber weiterhin auch gegenüber Banken die Erbenstellung nachgewiesen werden. Hierzu genügt jedoch grundsätzlich die Vorlage eines beglaubigten Testaments oder eines Erbvertrags mit Eröffnungsprotokoll.

Keine wirkliche Alternative bietet hingegen das Europäische Nachlasszeugnis. Ein solches kann in Erbfällen mit EU-Auslandsbezug beantragt werden, ist jedoch nicht verpflichtend, da die nationalen Erbnachweise in den teilnehmenden EU-Mitgliedstaaten ohnehin Geltung beanspruchen. Zudem sind die Kosten für das Verfahren genauso hoch wie für den Erbschein und auch die Verfahrensdauer ist ähnlich. Dabei hat die beglaubigte Kopie, die Sie erhalten, nur eine Gültigkeitsdauer von sechs Monaten und verliert danach ihre Legitimationswirkung.

Fazit

Es lohnt sich daher, in der Familie mit einem notariell beglaubigten Testament oder Erbvertrag vorzusorgen, um den Erben nach dem Todesfall Zeit, Nerven und Geld zu sparen. Ein weiterer Vorteil liegt dabei in der erbrechtlichen Beratung, die Sie beim Notar erhalten, um das Testament nach Ihren individuellen Vorstellungen den Anforderungen des Gesetzes entsprechend zu formulieren.

LinkedIn
XING
WhatsApp
Facebook
Twitter